Sonnenuntergang in Porto Alegre

Sonnenuntergang in Porto Alegre

Freitag, 12. August 2011

Abschied von Porto Alegre

Am letzen Tag heb ich es leider nicht geschafft, den schon geschriebenen letzten Blogeintrag noch online zu stellen, deshalb kommt er etwas verspätet:

Nach 12 Monaten Freiwilligendienst in Brasilien ist jetzt - viel zu schnell - so weit: Morgen um diese Zeit bin ich wieder in Deutschland, am anderen Ende der Welt und mein Austausch ist endgültig vorbei.
Die letzten Wochen waren schon von dieser sich ankündigenden Wehmut gekennzeichnet und eine Abschiedveranstaltung reihte sich an die nächste: das rauschende Abschiedfest, das meine Kollegen mir bereiteten; ein Abschiedsgrillen im Cesmar; die Formatura meiner Cousine, die zum Abschied von all meinen Cousins und Onkeln wurde und dann natürlich der Abschied von den Kindern im Cesmar - der so schön und gleichzeitig so herzzerreissend war.

Jetzt sitze hier in die letzten Minuten in meinem brasilianischen Zimmer auf gepackten Koffern, in 2 Stunden geht es zum Flughafen und morgen um diese Zeit stehe ich schon in Münster-Osnabrück bei der Gepäckausgabe.
So unglaublich schnell ist es vergangen dieses Jahr, das es mir scheint, als wäre es erst gestern gewesen, dass meine Gastmutter mich zum ersten mal in dieses Zimmer geführt hat. Ich erinnere mich noch gut daran, wie das Busfahren mich jeden Tag vor eine Herausforderung stellte und wie jeder Arbeitstag im Cesmar ein Abenteuer war.
Jetzt, 12 Monate später, sind mir Porto Alegre, dieses Haus und das Cesmar so vertraut, dass es scheint, ich hätte schon immer hier gelebt.

Das Jahr, auf das ich zurückblicke, waren 12 ergeignisreiche Monate. Ich bin in eine fremde Kultur eingetaucht, habe eine neue Sprache erlernt, habe wunderbare Menschen kennengelernt, tolle Reisen gemacht und das wahrscheinlich wichtigste: Ich habe eine Lebenswirklichkeit kennengelernt, deren Existenz ich zwar aus dem Fernsehen kannte, aber von der ich mir keine wirklichen Vorstellungen machen konnte.
Die Arbeit in der Favela, der Kontakt mit den Ärmsten der Armen war der Dreh- und Angelpunkt meines Austausches und auch die Erfahrungen, die mich am meisten geprägt haben.

Mein Jahr war nicht immer ganz einfach, denn auch wenn es in den Blogeinträgen und Emails manchmal so aussieht, als wäre so ein Freiwilligendienst nur Party, Spass und Sonnenschein - so ist es ganz gewiss nicht. Die Arbeit im Cesmar trieb mich häufig an die Grenzen meiner Belastbarkeit und auch darüber hinaus. Nicht selten kam ich vollkommen ausgelaugt und fertig nach Hause und musste mich erstmal auf mein Bett setzen und weinen, um den Tag zu verarbeiten: die Geschichten der Kinder, die Armut in der Favela, ein eskalierter Konflikt, den ich nicht lösen konnte - Gründe zum verzweifeln gab es genug während dieses Jahres.
Nichtsdestotrotz: Verzweifelt bin ich nie und wenn der Dienstag auch noch so furchtbar war, am Mittwoch stand ich pünktlich um 8 Uhr wieder im Cesmar und versuchte, die Erfahrungen vom Vortag als Ansporn zu nutzen.

Neben den Katastrophen, Rückschlägen und Niederlagen gab es aber auch so unglaublich viele schöne Momente im Cesmar: die strahlenden Augen, das Kinderlachen, die mit Liebe gemalten Bilder, dass Daniel endlich seinen Namen schreiben kann, gelungene Tanzaufführungen und die anderen zahllosen Augenblicke, die für alle schweren Tage entschädigten.

Die Erfahrungen, die ich hier in Brasilien und vorallem im Cesmar gemacht habe, waren prägend für mein Leben und werden mich weiterhin begleiten.
Ich möchte an dieser Stelle nocheinmal ganz herzlich euch und Ihnen danken, die meinen Aufenthalt hier in Porto Alegre ermöglicht haben.
Vielen, vielen Dank für die Unterstützung - ohne meinen Spenderkreis wäre mein Freiwilligendienst im Cesmar nicht möglich gewesen.

Dies ist jetzt erstmal meinen letzter Blogeintrag aus Brasilien für lange Zeit aber eins weiss ich ganz bestimmt: ich will wiederkommen, sobald es geht.

Dienstag, 2. August 2011

Don´t be a GRINGO - Ein Hoch auf das Suitcasing!




"Don´t be a GRINGO" - so lautet der Aufkleber, der in einem Hostel in Rio am Kühlschrank hing.
"Gringo" ist hier in Lateinamerika ein abfälliger Name für Toursiten, insbesondere Nordamerikaner, die am liebsten reisen, um in fremden Ländern genau das zu suchen, was sie von zuhause kennen. Die Art von Touristen, die am liebsten in Best-Western-Hotels unterkommen, sich ihr Nutella mit in den Urlaub nehmen und am liebsten in Bankog bei MC Donalds essen. Mit weissen Tennissocken in der Sandalen, dem ADAC-Reiseführer und der Kamera bewaffnet klappern diese "Gringos" dann die TopTips auf der Umschlaginnenseite des Reiseführers ab (am liebsten in Begleitung einer deutschsprachigen Reiseleitung) um das Land kennenzulernen.
Näherer Kontakt zur Kultur des Urlaubslandes ist den Gringos jedoch unerwünscht: Von dem typischen Essen bekommt man bestimmt Durchfall, die typischen Viertel sind bestimmt gefährlich und sowieso lassen Werte und Normen in diesem Land arg zu wünschen übrig, die Leute sind hier alles so anders - das höchste der Gefühle ist da die vom Hotel angebotene "Karibische Nacht", mit an europäischen Geschmack angepassten "typischen" Gerichten und ein paar traditionellen Tänzen.
Wir Austauschfreiwillige wollen natürlich trotz blonder Haare und verbrannter Nasen nicht in die Gringo-Kategorie gehören, sondern unser Gast- und vielleicht die Nachbarländer als "Locals" kennenlernen, in die Kultur eintauchen, Land und Leute kennenlernen.
Daraufhin brach ein regelrechter Wettkampf darum aus, wer alternativer reiste und näher an der Kultur dran war: Mit dem Lama über die Anden, im Kajak den Kongo runter, per Bananenlaster durch Malaysia oder auf dem Esel durch die Mongolei: Je abenteerlicher, desto besser - hauptsache kein Gringo!
Die Reiseziele der meisten Freiwilligen waren Orte, die keiner buchstabieren geschweige denn aussprechen konnte und die definitiv in keinem Reiseführer verzeichnet sind. Reiseführer sind schliesslich für Gringos. Wenn schon, dann nutzen alternative Backpacker den "Lonely planet".

Meine Reisen wurden von den Freiwilligen weltweit häufig belächelt: Ich flog meistens von Ort zu Ort, statt mich per Lastwagen durchzuschlagen und statt des unerlässlichen Backpacker-Atributs (dem Rucksack) benutzte ich einen spiessigen blauen Reisekoffer.
Da hätte ich ja gleich eine TUI-Pauschalreise buchen können.
Die Kultur würde ich so auf keinen Fall kennenlernen und auch keine Abenteuer erleben, sondern die gleichen Gringosfotos machen wie die Rentner der Kreuzfahrtschiff-Tagestouren.
So sagte man mir.

Mein Reisemantra ist jedoch nicht "Don´t be a GRINGO".
Ich halte mich an das, was meine Eltern mir sagten, wenn sie mir erklärten, warum wir in fremden Ländern kein Sauerkraut essen sondern in thailändischen Garküchen irgendwo auf die Karte tippen und uns überraschen zu lassen: "When in Rome, do as the Romans".
Wie könnte man schliesslich ein Land besser kennenlernen, als wenn man sich unter die Einheimischen mischt?
Deshalb suchte ich mir für meine Reiseroute hauptsächlich Ziele aus, in denen ich einheimische Freunde hatte: Santa Cruz de la Sierra, São Paulo, Buenos Aires und La Paz.
Statt also wie die "Gringos" von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit zu rennen oder wie die "alternativen Backpacker" die "Geheimtipps" des Lonely Planets abzuklappern (an denen es komischerweise von Backpackern aller Herren Länder wimmelt, aber keine Locals mehr da sind), liess ich mir die Stadt von Einheimischen zeigen. Statt in einem Hostel voller Backpacker schlief ich auf Lauras Couch, statt der Restauranttipps des Reiseführers lernte ich Paula Lieblingscafé kennen. Ich verpasste bestimmt so manches Museum, weil ich mit Mauricio auf einen untouristischen Berg kletterte und und einen atemberaubenden Blick auf die Anden genoss. Statt auf eine Tangoshow ging ich auf Partys mit echten Argentiniern und liess mir ein Gourmetrestaurant zeigen, das nicht mal der Lonely Planet kennt und statt einer Favela-Tour besuchte ich Freunde meiner Freunde in Stadtvierteln, in die Touristen sonst nicht gelangen. Ich liess mir von Experten zeigen, wie man Coca-Tee kocht, warum man am Titicacasee Kerzen anzündet und probierte das bolivianische Nationalgericht hausgemacht von Mauricios Oma. Ich ging mit echten Brasilianern auf ein typisch brasilianisches Volksfest und probierte gebratenes Hühnchen an der einzigen Garküche Santa Cruz, an der man laut Laura nicht krank davon wird.
Natürlich klingt "Ich hab ein paar Freunde besucht" nicht so abenteurlich wie "Ich bin auf dem Fahrrad durch Botswana gefahren". Aber ich denke, im Endeffekt lernt man Land und Leute dann kennen, wenn man mit Einheimischen unterwegs ist und nicht, wenn man mit Deutschen durch die Gegend trampt. Denn ehe man sich versieht, wird man zum Gringo: redet deutsch, kocht abends im Hostel Spaghetti Bolognese,spielt typisch deutsches Mensch-ärger-dich-nicht und merkt am Ende des Urlaubs, dass man das Land zwar bereist, aber nicht kennengelernt hat - Rucksack hin oder her.

An dieser Stelle ein dickes Dankeschön an Mauricio, Laura, Paula und Elisa - mit euch hatte ich die besten Urlaube meines Lebens.
Es lebe mein blauer Reisekoffer!

Sonntag, 31. Juli 2011

Turistiando en Buenos Aires



Kurz vor meiner Abreise und dem grossen Abschied stand meine letzte Lateinamerika-Suitcasing-Reise an: Diesmal ging es nach Buenos Aires, zu Elisa, einer weiteren Ex-AFS-Austauschschülerin, die eigentlich aus der Domikanischen Republik kommt und momentan in Buenos Aires studiert.
Diese relative Nähe musste ich ich natürlich ausnutzen und buchte deshalb einen Billigflieger in unsere schönes Nachbarland - was ich allerdings recht bald bereute: Die unglaublich kundenfreundliche Fluglinie Pluna cancelte meinen Flug auf Grund der immernoch difuss umherschwirrendernden Vulkanasche und steckte alle anderen Reisenden in Flieger anderer Fluglininen nach Buenos Aires - ausser mich und 3 brasilianische Backpacker, die wie ich darunter litten, dass jeder mit unseren Eltern sprechen wollte und keiner so ganz für voll nahm.
Nach einer Stunde hitziger Diskussionen schaffte ich es endlich, den nette Pluna-Herren davon zu überzeugen, dass ich ALLEINE reise und meine Mutter in DEUTSCHLAND kaum mit ihm reden würde. Endlich begann er, auch uns einen Ausweichflug zu suchen: über Rio de Janeiro!
So kam es, dass wir abends im Flieger nach Rio sassen, unsere Koffer im von Pluna gesponsorten Hotel absetzten und anschliessend das Nachlebem am Zuckerhut erkundeten. Pünktlich um 6 Uhr morgens nahmen wir das Taxi nach einer rauschenden Partynacht zurück, duschten und sassen um 8 im Flieger nach Montevideo. Das heisst, ICH sass erst, nachdem ich an der Passkontrolle kurzfristig für eine halbe Stunde festgenommen worden war - irgendein Systemfehler zeigte mein Visum als abgelaufen und mich somit als Illegale in Brasilien an und es dauerte doch eine Weile, bis ich einen nur mässig freundlichen Grenzpolizisten davon überzeugen konnte, dass ich keine Drogenschmugglerin bin und er mich bitte nicht nach Deutschland abschiebt.
Aber irgendwann war auch diese Hürde genommen, zusammen mit meinem persönlichen Dolmetscher, den mir die brasilianische Regierung während meiner Vernehmung zur Verfügung gestellt hatte, rannte ich zum Gate under schrie wie ein Wahnsinniger in sein Funkgerät, man solle den Flug für mich aufhalten.
Eta 24 Stunden später als erwartet stad ich also endlich in Buenos Aires am Flughafen und Gott sei Dank hatte mir Elisa einen Chauffeur geschickt, der mich abholte.
Abenteuer eins überstanden!
Die Ferien in Buenos Aires waren gegen die Anreise-Odyssee regelrecht ruhig und entspannt. Da Elisa tagsüber arbeitet erkundete ich selber mit dem Stadtplan bewaffnet die argentinische Hauptstadt und liess mich von der Vielfalt verzaubern:
ich bestaunte üppige Blumenparks, beeindruckende Statuen, die Touri-Highlights wie den Obelisken, das Casa Rosada und den Legislativpalast, die Puente de la Mujer, die Plaza de Mayo auf der die "Omas mit den weissen Tüchern" noch bis heute gegen die Verschleppungen der Militärdiktatur protestieren und ihre Enkel zurückfordern und die Stahlblume, genoss den wunderschönen Friedhof von Recoleta, auf dem Evita Perón begraben liegt, nahm den legendären "Tren de la Costa", der am Ufer des Rio de la Plata bis ins Flussdelta Tigre fährt und die älteste U-Bahn Lateinamerikas (stilecht aus Holz!). Am Samstag turistierte ich dann mit Elisa zusammen durch das kunterbunte Viertel La Boca, in der das Leben und der Tango pulsieren und jeden Abend rundeten wir mit einem Gourmetessen oder einer Party ab.
So verging die Woche leider wie im Flug und am Sonntag hiess es Abschied nehmen von dieser Stadt, die mich komplett verzaubert hat und von Elisa, die mir wirklich eine der schönsten Wochen meiner Jahres ermöglicht hat.

Donnerstag, 21. Juli 2011

Glühwein im Juni??? Festa Junina!!!

Im Juni und Juli steht die Stimmung in Brasilien auf Party:
es ist die Zeit der Festa Junina!
"Festa Junina" ist ein typisch brasilianisches Volksfest, das auf die Ehrung mehrer Heiliger zurückgeht und traditionell auf dem Land gefeiert wird.
Kurz gesagt ähnelt das Fest ein wenig einem Kindergeburtstag: man verkleidet sich als Bauer ("caipira"), dass heisst Karohemd, Stiefel, Flechtezöpfe, Bart und Sommersprossen, isst Unmengen ungesunder Kleinigkeiten (Popcorn, Hotdog, Milchreis, Schokoladenkuchen, Liebesäpfel, Riesenpinienkerne, Maiskuchen, karamelliserte Erdnüsse....) und spielt alberne Spielchen, wie Orangentanzen, Sackhüpfen und Eierlauf, Dosenwerfen oder Fischchen-angeln. Am Ende einer echten Festa Junina hat man aber ordentlich einen im Tee, denn angesichts der kalten Temperaturen steht hier auch "quentão", die brasilianische Versions des Glühweis, auf dem Programm.
Daneben gibt es einen Amor, der während des Festes Liebesbotschaften einsammelt und über das Mikrofon vorliest, es wird getanzt, gesungen und gelacht und gegen eine kleine Gebühr kann man die "Polizei" beauftragen, seine Freunde festzunehmen und in ein "Gefängnis" zu stecken (eine abgetrennte Ecke des Partyraums), die dann gegebn einen symbolischen Wert ausgelöst werden müssen.
Ausserdem dürfen bandeirinhas, bunte Fähnchen zur Dekoration des Raumes nicht fehlen (die im Cesmar natürlich mal wieder aus Recycling-Materialien gemacht wurden). Auch im Cesmar fand natürlich eine Fest Junina statt und dabei machten sich die Educadoren zum Vergnügen der Kinder zum Affen.
Dabei konnte ich natürlich nicht fehlen!!
Wir studieren in den Mittagspausen einen Country-Tanz ein, den wir zum besten gaben - die Kinder konnten sich vor Lachen nicht halten!
Ein flinker Kollege hat das Debakel natürlich schon bei Youtube reingestellt und so könnt ihr alle drüber lachen..... Kleiner Tipp: ich habe blonde Haare und ein beiges Karohemd an ;)
Nach unserem Tanz folgt der typische Festa Julina Tanz meiner Tanzgruppe, auch der ist einen Blick wert!

Samstag, 16. Juli 2011

Das Ende der Winterspendenaktion: Strahlende Gesichter und Favelas eine Stimme geben






Gut eine Woche nach meinem Spendenaufruf war es endlich so weit: Die Planung abgeschlossen, die Kleidung gekauft, die Päckchen gepackt und nun mussten die Handschuhe, Socken, Pullis und Hosen nur noch ihren zukünftigen Besitzern übergeben werden.
Zusammen mit unseren Sozialassistentinnen ging ich die Klassenlisten durch, um die Kinder auszusuchen, die die Kleiderspenden am drigendsten benötigen - leider reichten die Winterkits eben nicht für alle 600 Kinder des Cesmars und so mussten wir uns auf die beschränken, die die Hilfe am meisten brauchen.
Die betreffenden Kinder brachte ich dann in das kleine Büro der Sozialassistentinnen (was ein unglaubliches Chaos und Gewusel zur Folge hatte) und nach einer kleinen Ansprache meiner Kolleginnen, in der sie erklärten, woher das Geld und die Kleidung kommen, begann wir mit der Ausgabe der Kleidersets.
Dazu mussten erstmal die passenden Grössen gefunden werden, was ein ganz schönes Stück arbeit bedeutete. Gott sei Dank hatte ich die Kleidersäcke nach Grössen geordent und die Tüten beschriftet - ein deutscher Geniestreich, der bei meinen Kolleginnen für grenzenloseBegeisterung sorgte ("So was effizientes kann sich nur die Fran ausdenken!!")
Nachdem dann endlich alle Kinder ihr Kleiderset erhalten hatten, schaute ich in ratlose und mäsig begeisterte Gesichter. Einen kurzen Moment dachte ich schon, mein Projekt wäre gescheitert. Cauane kam zu mir, gab mir das Kleiderpäckchen zurück und flüsterte beschämt: "Sora, ich habe doch gar kein Geld!"
Erst nachdem ich nochmal klarstellte, die Keldung sei ein Geschenk, dass man nicht bezahlen bräuchte, hellten sich die Gesichter rund um mich auf "Ein Geschenk?" "Für mich?" "Heisst das, ich darf dass alles behalten?" "Ganz für mich?" Das ausbrechende Chaos führte mir noch einmal deutlich vor Augen, dass die meisten Kinder nicht daran gewöhnt sind, Geschenke zu bekommen oder teilweise noch nie eins bekommen haben.
Darin begründete sich wohl auch, dass das Wort "Danke" nicht fiel im Büro der Sozialassistentinnen - die Kinder wissen, einfach gar nicht, dass man sich für Geschenke bedanken muss. Aber alle gaben sie mir einen Kuss, eine Umarmung, verglichen stolz die Farben und Muster ihrer Pullis, zogen kurzerhand die Socken und Handschuhe an und ihre Augen und Gesichter strahlten mit so viel Freude, dass sich all die Arbeit der letzten Wochen definitv gelohnt hat.
Der Dank, der von den Kindern nicht so explizit ausgesprochen wurde, kam dafür umso mehr von meinen Kollegen. Unsere Sozialassistentinnen Osmaí und Tati, unsere Krankenschwester Emiliane, unsere Psychologin Ana, unser Chef Marco und zahlreiche andere Kollegen richten euch allen ein riesiges Dankeschön aus! Ana formulierte es so: "Deine Freunde und Verwandte denken vielleicht, dass sie mit ihrer Spende lediglich ein paar Füsse erwärmen. Aber mindest genauso wichtig erwärmen sie hunderte von Herzen. Sie haben einer comunidade, einer Favela geholfen, die sonst immer vergessen wird und um die sich niemand kümmert. Euer Austausch ist auch das: der Favela eine Stimme und ihre Würde geben".
Um die Freude der Kinder wirklich nachvollziehen zu können, musste man wohl dabei sein, aber ich hoffe, die Fotos bringen etwas von dem Glitzern in den Augen der Kleinen rüber.





Dienstag, 12. Juli 2011

Winterspendenaktion 3 und 4: Vom Tütentragen und Hosenfalten




Heute war es also so weit: nach Planung, Preirecherche und Einkaufslistenschreiben stand der aufwändigste Schritt einer Winterspendenaktion an: der Einkauf.
Gott sei Dank konnte ich mit 4 starken Helfern rechnen ( ein dickes Dankeschön an dieser Stelle an Seppl, Linda, Felipe und Lukas - selbst ohne Frühstück im Magen schleppten die 4 heroisch haufenweise Tüten durch halb Porto Alegre!!).
In den Läden teilte sich unser Grüppchen schnell auf: die Männer standen mit den schon erstandenen Tüten in irgendeiner Ecke und Linda und ich wühlte in den Grabbeltischen, suchten nach den richtigen Grössen, ausgewogenen Farbverhältnissen, möglichst unisex einsetzbaren Aufdrucken und verhandelten Preise und Rabatte. Die meisten Verkäufer waren angesichts der gekauften Mengen, der Spendenaktion und unseres süssen Akzents recht kulant und setzten den Preis 5 bis 10 Prozent herunter, andere konnte unser Gebttel leider nicht erreichen.
Im Endeffekt haben wir dann aber doch alles bekommen, was wir gesucht haben:

63 Winter-Kits mit Inhalt: 1 Paar Socken, 1 Paar Handschuhe, 1 Pullover, 1 Hose

14 Kits Altersgruppe 6/7 Jahre (klein)

18 Kits Altergruppe 7/8 Jahre (klein)

17 Kits Altergruppe 8/9 Jahre

7 Kits Altergruppe 10/11 Jahre

6 Kits Altergruppe 11/12 Jahre

dazu noch 10 Paar Handschuhe, 46 Paar Socken,

31 Mädchenunterhosen und 48 Jungsunterhosen, die auf Vorrat im Cesmar gelagert werden können.

Das Geld wurde dabei wie folgt eingesetzt:

Einkäufe:

Set (Pulli mit Hose), 32 Stück à 8,99 Reias, gesamt: 287,68 Reais

Pulli, 30 Stück à 7,99 Reias, gesamt: 220,00 Reais

Hose, 30 Stück à 9,99 Reias, gesamt: 292,50 Reais

Unterhosen (Mädchen), 19 Stück à 1,50 Reias, gesamt: 28,50 Reais

Socken, 9 Pakete mit je 12 Paar Socken à 10,50 Reias (Paket), gesamt: 94.50 Reais

Unterhose (Mädchen), 12 Stück à 0,90 Reias, gesamt: 10,80 Reais

Unterhose (Jungs), 48 Stück á 1,80 Reais, gesamt: 86,40 Reais

Handschuhe 6 Pakete mit je 12 Paar Handschuhen à 24,00 Reias (Paket) , gesamt: 140,00 Reais

Taxifahrt nach Hause: 17,00 Reais

Gesamtausgaben: 1177,38 Reais
Spenden zur Verfügung: 1177 Reias

Nachdem ich also alles erstanden hatte, machte ich mich dem Taxi auf den Weg nach Hause (an Bus war mit diesen Tüten natürlich nicht zu denken), wo dann die wirkliche Arbeit begann: das Zusammenstellen der Winterkits. Dazu mussten Hosen und Pullis, Socken und Handschuhe in den richtigen Grössen und halbwegs kombinierbaren Farben/Mustern zusammengesucht und mit Hilfe einer Schnur zu einem Paket zusammengeschnürt werden. Vorher mussten natürlich die Preisschilder herausgeschnitten, die Grössen und Farben sortiert, die Kleidung zusammengefaltet werden....


Gott sei Dank bekam ich tatkräftige Hilfe von meinem Bruder Felipe, sonst sässe ich wohl immer noch im Wohnzimmer!Morgen früh werde ich die riesigen Kleidersäcke dann ins Cesmar fahren (zum glück fährt mich mein Gastvater) und das Austeilen der Kleidersets beginnen.Bis jetzt ist die Winter-Spenden-Aktion ein voller Erfolg gewesen und ich danke noch einmal von Herzen allen Spendern und freiwilligen Helfern!

OBRIGADO!!!!!!!


Die Wintersets fertig verschnürt und verpackt

OBRIGADO!! Danke schön! Gracias! Thank You!

Montag, 11. Juli 2011

"Winter-Spenden-Aktion" - der 2. Schritt


Nach dem Wochenende, an dem meine Winter-Spendenaktion noch ein paar Spenden mehr sammeln konnte (Vielen Dank!) ging es heute mit Schritt 2 der Planung und Durchführung weiter: der Preisrecherche.
Von 10 bis 14.30 Uhr machte ich mich also mit einem freiwilligen Helferli ( dickes Dankeschön an Tobias) daran, die Preise zu recherchieren, runterzuhan
deln, Rabatte zu erbetteln, Qualitäten zu vergleichen, abzuwägen....
Nachdem ich die Preise der Handschuhe, Socken, Pullis ect wirklich aller Grossmärkte des Zentrum fein säuberlich aufgeschrieben hatte, ging zu Hause der wirklich schwierige Teil los:mit Preislisten, Taschrechner und einer grossen Flasche Cola bewaffnet setzte ich mich an den Küchentisch und begann zu rechnen. 2 Stunden und ein Stück Schokopizza später stellte ich erschöpft fest, dass ich mein ursprüngliches Ziel (70 Winterkits) leider der Realität anpassen muss: es werden wohl nur 60 Kits werden, und diese werden keine Decken enthalten, da Decke auf Grund der grossen Nachfrage dieses Jahr extrem teuer sind. Die Einkaufsliste ist jetzt fertig geschrieben und ich auf dem Stadtplan den strategisch günstigsten Weg eingezeichnet.
Morgen steht dann also der aufwändigste Teil der Winter-Spenden-Aktion an: der Einkauf.
Gott sei Dank habe ich auch dafür 4 freiwillige Helfer gefunden, denn alleine wäre ich mit den ganzen Tüten wohl etwas überfordert !
Nach dem Einkauf werde ich dann morgen mit Endgültigkeit sagen, was ich eingekauft habe, denn noch hoffe ich etwas Spontanrabatt, wenn die Verkäufer sehen, dass ich tatsächlich die angekündigten Mengen und vor allem in bar zahle.



In der Zwischenzeit haben wir Kemile erstmal Wollsocken organisiert, die sie statt Handschuhen trägt.


Mein Kapuzenpulli hat seinen Weg zu João gefunden - zwar ein bisschen gross, aber fürs erste wird´s gehen.