Sonnenuntergang in Porto Alegre

Sonnenuntergang in Porto Alegre

Das Projekt - Cesmar

CENTRO SOCIAL MARISTA (CESMAR)
ständig brandaktuelle Infos (leider nur auf Portugiesisch) bietet auch der projekteigene Cesmar-Blog
http://cesmarpartilha.blogspot.com

Die Idee

Das Kinder- und Jugendzentrum Centro Social Marista Porto Alegre wurde 1996 vom Maristerorden gegründet.
Es befindet sich in Rubem Berta, einem der ärmsten Viertel von Porto Alegre, die man als „Favelas“ bezeichnet. Diese Favelas werden hauptsächlich von sozial benachteiligten Familien bewohnt. Auf Grund der schwierigen familiären Situation verbringen die Kinder und Jugendlichen viel Zeit auf der Straße und sind häufig in Drogenhandel involviert.
Fehlende Bildung, Arbeitslosigkeit, Perspektivlosigkeit, Armut und Gewalt formen einen Teufelskreis, aus dem es kaum einen Ausweg zu geben scheint.
Das Ziel des CESMAR ist es, diesen Teufelskreis zu durchbrechen. Das Zentrum soll in erster Linie eine Bildungsmöglichkeit für die Kinder und Jugendliche aus schwierigen sozialen Verhältnissen sein. Die Mitarbeiter des Projektes bemühen sich, den Kindern normale emotionale und intellektuelle Entwicklung und eine fröhliche Kindheit in sicherer, gewaltfreier Umgebung bieten.
Die meisten Kinder werden von ihren Eltern in keinster Weise erzogen und das CESMAR übernimmt diese Aufgabe, in dem es neben Spiel, Spass und kulturellen AGs in erster Linie Werte und Grundregeln des Zusammenlebens vermittelt, welche die Schlüsselqualifikationen sind, um die Favela jemals verlassen zu können.

Die Träger 



Der Marister-Orden

Die Ordensgemeinschaft der Marister wurde 1817 durch den hl. Marzellin Champagnat (1789-1840) in La Valla, einem kleinen Bergdorf des rauhen Pilat-Gebirges in Südfrankreich gegründet.

Ziel war die religiöse Erziehung und Unterweisung der Kinder auf dem Lande, da infolge der Französischen Revolution das Schulwesen und besonders die christliche Bildung in Frankreich im Argen lag. Trotz massiver Anfangsschwierigkeiten setzte sich seine Gründung durch und die neue Gemeinschaft verbreitete sich im ganzen Land sowie im benachbarten Ausland und in Übersee.

Die Brüdergemeinschaft der Maristen (FMS) zählt heute annähernd 3700 Mitglieder in 78 Ländern der Erde.

Ziel des Ordens ist die Bildung und Unterrichtung Jugendlicher in allen Formen der Bildungs- und Erziehungsarbeit. Der Einsatz für Randgruppen und Arme tritt zunehmend in den Mittelpunkt der Arbeit. Alle Formen der zeitgemäßen Erziehungs- und Bildungsarbeit sind ihnen vertraut; in verschiedenen Schularten und in offenen Formen der Jugendarbeit und Erwachsenenbildung im wissenschaftlichen und handwerklichen Bereich in allen Erdteilen, in der Großstadt wie in Urwaldgebieten. Heute betreibt der Orden weltweit 870 Schulen, besonders in Afrika und Lateinamerika.

 Das Viertel

 Das CESMAR befindet sich an der Grenze der beiden Elendsviertel Rubem Berta und Mario Quintana: Viertel, in denen Perspektivlosigkeit und Armut zu einem fatalen Strudel aus Kriminalität und Gewalt führen.
Deutsche Augen können sich kaum vorstellen, wie das Leben in einem solchen Viertel ist, aber Zeitungsartikel aus Porto Alegre geben einen kleinen Einblick:

"Rubem Berta, Bevölkerung: 80 000.
Da der Drogenhandel sich zwischen verschiedenen Banden aufteilt, handelt es sich um ein Gebiet mit eröhter Mord- und Diebstahlrate"
"Mario Quintana, Bevölkerung: 25 000
10 Stadtteile werden von mehreren Drogenbanden umkämpft, was zu blutigen Konlfikten mit vielen Todesfällen führt"

Die Armut, das Elend, der Drogenhandel und seine Folgen sind konstant spürbar in der Favela: Schüsse und Sirenen bilden die normale Geräuschkulisse, barfüssige Kinder und Müllberge das normale Bild, Angst das normale Gefühl in Rubem Berta. "Wir legen uns nicht mit denen an und die tun uns nichts" - so funktioniert das in den Elendsvierteln.


Die Kinder

Natürlich ist es nicht richtig, von "den Kindern" zu reden, als wären sie alle gleich. Hinter jedem der 600 Gesichtchen steckt eine andere Geschichte, ein anderes Schicksal. Aber auf traurige Weise ist das leben der meisten Kinder in vielen Punkten ähnlich.
Sie leben in Rubem Berta und erleben täglich Gewalt und Armut.
Die meisten Kinder leben unter erbärmlichen Zuständen. Sie haben kein fliessend Wasser, keine Heizung, häufig nicht mal Schuhe.
Viele der Kinder leiden Hunger.
Die meisten Kinder arbeiten. Sie verkaufen Kaugummis an der Bushaltestelle, sind Laufburschen der Drogenkuriere, sammeln Müll, um das Aluminium der Coladosen zu verkaufen oder prostituieren sich. Die meisten Mädchen erfüllen zu Hause die Aufgaben der Mutter. Sie kümmern sich um die kleinen Geschwister , kochen, putzen und waschen.
Die meisten Kinder sind ungewollt. Häufig sind die Eltern selber noch Teenager, alkohol- und drogenabhängig und komplett überfordert. Deshalb werden die meisten Kinder von ihren Eltern nicht geliebt sondern vernachlässigt und verwahrlosen. Die meisten Kinder werden geschlagen, geprügelt oder anders misshandelt. Viele von ihnen haben blaue Flecken, Brandwunden und Narben, die weder durch "vom Fahrrad fallen" noch "am Schrank stossen" entstehen.
Die meisten Kinder erfahren keine Liebe, keinen Respekt und keinerlei Anerkennung zu Hause. Sie haben keinerlei Selbstbewusstsein, fühlen sich wertlos und nicht liebenswert.
Intakte Familien gibt es kaum in Rubem Berta. Die meisten Kinder leben mit Stiefvater oder Stiefmutter, bei der Tante oder der Grossmutter. Die Eltern trennen sich, kommen ins Gefängnis, sterben, verlassen die Familie ohne Erklärung oder verschwinden einfach.
Die meisten Kinder haben geliebte Menschen verloren.
Die meisten Kinder erfahren keinerlei Erziehung. Grundregeln des Zusammenlebens wie einander ausreden lassen, Rücksicht nehmen und den anderen respektieren sind ihnen fremd.
Viele der Kinder werden sexuell missbraucht.
Die meisten der Kinder sind in irgendeiner Weise unterentwickelt. Mangelernährung, Drogenkonsum während der Schwangerschaft, Misshandlung und Vernachlässigung führen zu Wachsstumsstörungen, motorischen Fehlentwicklungen, Autismus, Sehfehlern und geistiger Behinderung. Viele der Kinder können mit 10 Jahren ihren Namen noch nicht schreiben.
Die meisten Kinder sind traumatisiert, weil sie furchtbare Dinge gesehen haben udn Mord und Angst zu ihrem Alltag gehören.

Keins der Kinder hat eine normale Kindheit.

Die Mitarbeiter

Die meisten Mitarbeiter kommen selber aus dem Viertel Rubem Berta und viele sind ehemalige "Schüler" des CESMAR. Sie sind die einzigen Vorbilder, an denen die Kinder sich orientieren können; der eweis, dass es eine andere Zukunft als Kriminalität, Drogenhandel und Prostitution gibt. Die educadoren ersetzen nicht selten die Vaterfigur und die Muterliebe und werden zum einzigen Fixpunkt im Leben der Kinder.
Die meisten educadoren sind nicht ausgebildet, sondern erziehen die Kinder, wie es eigentlich die Eltern machen sollten.

Die Projekte

In verschiedenen Projekten steht das CESMAR der Bevölkerung des Elendsviertels ab dem Alter von 6 Jahren zur Verfügung:
SASE: Im SASE werden die Kinder zwischen 6 und 14 betreut. In 10 verschiedenen Turmas (Klassen) sowohl am Morgen als auch am Nachmittag spielen die Kinder, lernen und nehmen an Workshops in den Bereichen Tanz, Theater und Musik teil.
Cidade escola e socioeduactivo: Für die Jugendlichen ab 14 Jahren gibt es einen Informatikkurs, einen Robotikkurs und einen Kurs zum Thema digitale Medien.
JAGS: Jugendliche ab 16 Jahren können Kurse zum Thema Gesundheit, Ernährung und Higiene belegen, um anschliessend im Krankenhaus zu arbeiten. Voraussetzung ist dafür, dass sie nebenher weiterhin die Schule besuchen und die Jugendlichen bekommen Geld für ihre Anwesenheit im Kurs, da die meisten sonst arbeiten würden, statt zu lernen. Da die Sponsoren dieses Projektes die Fördeung eingestellt haben, wird es ab diesem Jahr keine neue Klasse geben.
CRC: Im CRC arbeiten Jugendliche ab 16 Jahren mit gespendeten und von der Polizei konfiszierten Computern. Die PCs werden repariert, umgebaut, neu programmiert und anschliessend an bedürftige Projekte verschenkt. Die Voraussetzungen für die Teilnahme an diesem Kurs ist ebenfalls der Besuch der Schule.
Grupo de convivência melhor idade: Senioren ab 60 Jahren können an Kursen und Aktivitäten wie Handarbeit, Kochen oder Volleyball teilnehmen.

Der Projektalltag
Ich gebe nur den Projektalltag des SASE-Programms wieder, mit dem ich am meisten arbeite.
7.45 Uhr - Die Kinder der Morgen-turmen kommen im Projekt an (diese Kinder haben am Nachmittag Schulunterricht)

8.00 Uhr - Die Kinder frühstücken alle zusammen im Speisesaal.
Meistens gibt es belegte Brötchen, Bananen, mit Honig angerührtes Müsli und Kakao.

8.30 Uhr - Die Kinder gehen in ihre Turmen und es begint der erste Moment. Nach einem Gebet beginnt der educador die Tagesaktivität. Je nach Alter kann das ein Spiel, eine Bastelarbeit, eine Geschichte vorlesen oder Sport sein. Einmal die Woche steht "letramento" (Alphabetisierung) und einmal "razonino lógico" (logisches Denken) auf dem Stundenplan, wobei auch diese Stunden eher spielerisch gestaltet werden.

9.40 Uhr - 10.20 Uhr - Pause. Die Kinder spielen auf dem Hof, auf dem Fussballplatz oder dem Spielplatz.

10.20 Uhr - Die Kinder gehen zurück in ihre Turmen und wechseln der educador. Meistens ist der 2. Moment weniger edukativ sondern rekreativ.

11.30 Uhr - Die Kinder der Morgenturma verlassen das CESMAR.


13.30 Uhr - Die Kinder der Nachmittagsturma kommen an (Die Kinder hatten vormittags Schulunterricht)

13.45 Uhr - Treffen in den Turmas, erster Moment

15.00 Uhr - Kaffepause. Die Kinder essen alle zusammen im Speisesaal, der gleiche Speiseplan wie beim Frühstück.

15.30 Uhr - 16.10 Uhr - Pause.

16.10 Uhr - Treffen in den Turmas, 2. Moment

17.20 Uhr - Die Kinder der Nachmittagsturma verlassen das CESMAR.

Am Mittwoche gibt es keine Turmen, sondrn "grupos". Die Kinder können zwischen verschiedenen AGs wählen (Tanzen, Theater, Chor, Capoeira, Kunst, Hip-Hop, traditionelle Gaúcho-Tänze oder Percussion) und studieren Präsentationen ein.
Neben der SASE-Betreuung steht den Kinder die Krankenstation, eine Psychologin und die Bibliothek zur Verfügung.

Das CESMAR in Zahlen

7800 Quadratmeter Fläche

1000 Besucher täglich

ca. 1000 belegte Brötchen täglich

600 Kinder im SASE-Programm

ca. 100 Liter Milch täglich

97 Mitarbeiter

20 Turmen

17 Räume

8 verschiedene kulturelle Workshops

6 Fussballplätze

3 Gebäude

3 Freiwillige

1 Mission


1000 Kinderlächeln pro Tag.