Sonnenuntergang in Porto Alegre

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Dienstag, 21. September 2010

Semana Farroupilha im Cesmar "Kann nicht - Gibt´s nicht"



So etwas wie Alltag hat sich im Cesmar noch nicht eingestellt, weil wir in der letzten Woche eine Art "Projektwoche" hatten: die "semana farroupilha"

Es handelt sich dabei um ein traditionelles Fest hier im Stadt Rio Grande do Sul, bei dem an die "revolução farroupilha", die "Lumpenrevolution" von 1835 erinnert wird.
Kurz gesagt lehnten sich in Revolution und dem darauffolgenden 10-jährigen Krieg die Fazenda-Besitzer von Rio Grande do Sul gegen das Kaiserreich Brasilien auf und wollten sich unabghängig erklären. Hauptmotiv war dabei die wirtschaftliche Lage in diesem Staat, der hauptsächlich von der Landwirtschaft lebte und auf Grund von hohen Salzsteuern, Binnenzöllen und hoher Konkurrenz aus dem Ausland eine schwere Krise durchlebte.
Die Aufständischen verloren den Krieg gegen die kaiserlichen Truppen, doch die Revolutionsführer werden in Gio Grande do Sul als Helden gefeiert und die Erinnerungswoche ist wichtiger Teil der regionalen Kultur hier im Süden.

Im Cesmar lief in dieser "Semana Farroupilha" alles ein bisschen anders ab als sonst: Alle Kinder versammelten sich jeden Tag im "Galpão", einer traditionellen Bretterhütte und lebten alle Facetten der Gaúcho-Kultur aus:
Viele der Kinder und der Lehrer kamen in traditioneller Tracht, es lief Gaúcho-Musik und wurde viel getanzt und gesungen, es gab eine Pferdekutsche, Ponyreiten und Lassowerfen oder man sass einfach im Kreis zusammen und trank chimarrão, den bitteren, heissen Tee aus Kalabassen und spielte dabei Karten oder unterhielt sich, dazu wurden Unmengen von Würstchen über dem offenen Feuer gegrillt.

Die Kinder hatten an diesen besonderen Tagen sehr viel Spass, aber wir Educadoren hatten vorallem sehr viel Arbeit!
Statt normalerweise nur 30, betreuten wir plötzlich mehrere hundert Kinder auf einmal! Man konnte seine Augen gar nicht überall haben und so wurde auch ich als vollwertige Educadorin mit eingespannt. Ausreden wie "Ich kann noch nicht so gut Portugieisch" oder "Ich hab das noch nie gemacht" galten nicht, denn alle hatten mehr als genug zu tun und so musste jeder mithelfen, nach dem Motto "Kann nicht, gibt´s nicht".
Plötzlich musste ich also den Malwettbewerb beaufsichtigen, das Essen und die Getränke austeilen und darauf achten, dass jeder etwas bekommt, hier und da einen Streit schlichten, die Begrüssung und Eröffnung moderieren und das Pony führen, in der Küche helfen, den chimarrão aufgiessen, Gaúcho-Tänze tanzen, mit den Kindern Sackhüpfe spielen und traditionelle Lieder vorsingen.
Zum Abschluss der Woche gab es dann abends noch ein grosses churrasco, also ein traditionelles Grillen der Mitarbeiter, zu dem wir Freiwilligen natürlich auch eingeladen waren.
Die Woche war für mich sehr schön und vorallem interessant, da ich ein bisschen in die faszinierende Gaúcho-Kultur eintauchen konnte. Sie war aber auch gleichzeitig eine Feuerprobe für uns Freiwillige - über 200 Kinder, völlig neue Aufgaben und eine fremde Sprache (!) - und ich bin auch froh, dass ab morgen der normale Tagesbetrieb wieder aufgenommen wird, der bei weitem nicht so anstrengend ist!

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