Einer der Jugendlichen, der im Cesmar im Computerkurs war, ist gestor
Er war der Sohn einer der Cesmar-Angestellten und wie genau er zu Tode gekommen ist, wissen wir nicht. Er wurde ermordet und er hatte mit Drogen zu tun. Er war gerade erst 18 geworden, fast noch ein Kind und eigentlich aus "gutem Hause": seine Eltern arbeiten, der Cesmar-Kurs stellt ihm sogar einen Beruf in Aussicht.
Aber es ist gar nicht so leicht, sich aus den Drogen und der Krimnalität rauszuhalten, wenn man in der Favela lebt. Ein paar Stunden am Tag werden die Kinder und Jugendlichen aus dem Elend raus und von der Strasse weggeholt, aber sobald sie aus dem Tor des Cesmars treten, stehen sie wieder mitten drin. Eine Aussicht auf einen Beruf hilft nichts, wenn es JETZT an essentiellen Dingen fehlt, wenn kein Essen für die kleinen Geschwister auf dem Tisch steht, wenn man keine Schuhe hat und kein fliessend Wasser. Wenn man dann irgendwann angeboten bekommt, ein bisschen Gras zu verkaufen und dafür soviel Geld zu bekommen, wie die Familie sonst im Monat nicht verdient - dann wird man vielleicht irgendwann schwach.
Plötzlich steckt man drin im Drogenhandel, aus Gras werden Pillen, aus Pillen wird Crack und eines Tages wird man von einem rivalisiernden Dealerring erschossen, weil man zu gefährlich wurde.
Der Junge war keiner von "meinen" Schülern, ich habe ihm keinen Unterricht gegeben. Aber trotzdem: Man hat auf dem Flur mal ein "Oi" gewechselt, in der Pause gefragt, wie es so geht.
In solchen Momenten merke ich immer wieder, dass die Favela, durch die ich jeden morgen laufe, keine Filmkulisse ist. Und ich merke, dass das Cesmar den Kindern einen Strohhalm reicht, der für die meis
Ein Projekt wie das Cesmar ist einfach nicht genug - damit sich das Leben dieser Kinder ändert, damit sie wirklich eine Chance haben, müssen sich so viele Dinge ändern.
Erschreckend ist auch die "Gleichgültigkeit", mit der mit dem Thema Tod umgegangen wird. Der normale Tagesbetrieb geht einfach weiter, nur das eben eine Person fehlt. Der Tod ist einfach zu allgegenwärtig, als das man jedes mal lange innerhalten könnte, um zu trauern. Fast jedes der Kinder erzählt in seinen Geschichten von verstorbenen Familienmitgliedern - der Tod ist Alltag in der Favela. Manchmal kommt einem dann die ganze Arbeit, die man jeden Tag leistet, sinnlos vor, man ist so machtlos und man tut alles was man kann und es reicht nicht, es reicht einfach nicht und die Kinder rutschen trotzdem ab.
Am gleichen Tag, an dem wir vom Tod eines unserer educandos erfuhren, wurde uns aber auch eine tolle Neuigkeit mitgeteilt. Zwei Jungen aus der T8 haben bei einem internationalen Malwettbewerb des Lions-Clubs mitgemacht, um ihr Talent zu beweisen. Sie haben nicht nur auf Stadt- und Kreisebene ge
Ohne das Cesmar hätten die beiden niemals die Chance gehabt, ihr Können unter Beweis zu stellen und einen so wunderbaren Preis zu gewinnen.
Manchmal kommt einem die Arbeit dann so wichtig vor. Kinder, an die keiner glaubt, Kinder, denen keiner eine Chance gibt, können beweisen, dass sie mehr sind als nur "dreckige Favelakinder". Plötzlich sieht man einen Stolz in den Augen dieser Jungs, eine Freunde und ein Glänzen, den man hier in der Favela selten sieht.
Lachen und Weinen, Elend und Freude liegen im Cesmar dicht beieinander. Eigentlich ist das Projekt ein fröhlicher Ort, voller Spiel, Spass und Kinderlachen. Aber das Cesmar liegt eben trotz allem mitten in der Favela.
Deshalb besteht mein Alltag aus kleinen Erfolgen und grossen Katastrophen.